Fune wo Amu ist eine von Studio ZEXCS (kennt man vielleicht von Aku no Hana oder Suki tte Ii na yo.) produzierte Animeadaption eines Romans von Shion Miura und erzählt die Geschichte der Entstehung eines Wörterbuches. Ja, ich weiß, das klingt unfassbar langweilig, aber man sollte sich davon nicht abschrecken lassen. Fune wo Amu beginnt jedenfalls damit, dass für die Arbeit an einem neuen Wörterbuch namens Daitokai (The Great Passage) Nachwuchs in einer Redaktion gesucht wird. Der in Rente gehende Araki verspricht seinem Mentor Matsumoto, einen Nachfolger für die Arbeit am Daitokai zu finden. Durch Zufall stößt er schließlich auf Majime Mitsuya, dem Protagonisten der Serie. Majime scheint aufgrund seiner Liebe für Wörter und akribischen Arbeitsweise perfekt geeignet zu sein und wechselt daher in die Wörterbuchabteilung. Dort wird er zunächst unterstützt von seinem charismatischen Kollegen Nishioka Masashi, der Sekretärin Sasaki und beratend von Araki und Matsumoto. Da der Verlag die Wörterbuchabteilung aber als Geldverschwendung ansieht, treten bald schon erste Probleme auf.
Insgesamt mochte ich Fune wo Amu ziemlich gerne. Durch die ungewöhnliche Prämisse war ich schnell interessiert und wurde auch nicht enttäuscht. Fune wo Amu ist eine ziemlich ruhige und erwachsene Serie. In den ganzen 11 Folgen kommen fast nur erwachsene Personen vor und sie benehmen sich sogar größtenteils wie echte Menschen, was bei Animes ja nicht so selbstverständlich ist. Die Handlung entwickelt sich, ohne dass allzu große Überraschungen auftreten, immer gemächlich weiter. Wir folgen der Entstehungsgeschichte des Daitokai, bekommen aber auch ein paar Einblicke in die Probleme des Privatlebens von Majime, der sich verliebt und damit so gar nicht umzugehen weiß. Mitten in der Serie gibt es dann noch einen großen Zeitsprung, weil die Erschaffung des Wörterbuches natürlich mehrere Jahre benötigt. Dieser Zeitsprung tut der Serie noch mal gut, um zu zeigen, dass sich das Leben der Charaktere und ihre Beziehungen zueinander glaubhaft weiterentwickelt haben. Der Protagonist Majime bleibt bis zum Ende introvertiert, wächst aber trotzdem an den Herausforderungen und sagt zum Schluss offener seine Meinung ohne gleich herumzustottern. Einige der Nebencharaktere, wie zum Beispiel die Sekretärin Sasaki, bleiben leider durch den langsamen Erzählfluss und der kurzen Anzahl von 11 Folgen etwas flach.
Wer Fune wo Amu sehen möchte, sollte sich bewusst machen, dass es sich um eine Slice of Life-Serie ohne großartige Mischungen mit anderen Genres handelt. Das spricht mich an, aber andere können damit vielleicht weniger anfangen, weil „zu wenig passiert“. Slice of Live-Serien sind ja oft Vermischungen mit anderen Genres wie Sport, Romance, Drama oder Comedy. Das ist bei Fune wo Amu eher nicht der Fall. Es gibt traurige und auch viele lustige Momente, aber das ist nicht das, was die Serie auszeichnet. Vielmehr geht es um das Zusammenspiel der Charaktere und ihre Entschlossenheit dazu, ihre Ziele zu erreichen, selbst wenn der Weg dahin noch so mühsam und lang scheint. Außerdem ist die Serie geschickt darin, einem dieses romantisches Konzept von Wörterbüchern näherzubringen. Immer wieder wird betont, wie wichtig Wörterbücher sind, um Menschen die Überfahrt über das Meer der Wort zu ermöglichen und ihnen die Mittel zu geben, mit ihren Worten Mitmenschen zu erreichen. Die Detailversessenheit, mit der an dem Daitokai gearbeitet wird, wirkt irgendwie immer glaubhaft. Jeder Fehler scheint unverzeihlich, Kleinigkeiten wie die Papiersorte oder die Schriftart wirken auf einmal essentiell wichtig. Fune wo Amu erreicht es, sogar mein Interesse für Wörterbücher etwas zu wecken. Wörterbücher scheinen in Japan eine andere Bedeutung zu haben, als sie es hier in Deutschland tun. Während viele Deutsche quasi nur den Duden kennen und ihn – zumindest geht es mir so – nur selten in ihrem Leben benutzt haben, sieht das in Japan anders aus. Dort existieren die unterschiedlichsten Wörterbücher, die im Laufe der Jahre von diversen Verlagen veröffentlicht wurden und sich in ihren Ansätzen und ihrem „Charakter“ voneinander unterscheiden. Das merkt man bereits, wenn man sich Wikipedia-Seiten zu japanischen Wörterbüchern ansieht und dann auf solche poetischen Wörterbuch-Namen wie „Great Fountainhead of Words“ (Daijisen) oder „Sea of Words“ (Genkai) stößt. Vielleicht spielt hier ein Rolle, dass viele japanische Wörter je nach Kontext und Schreibweise unterschiedliche Bedeutungen haben können. Vielleicht ist auch die große Anzahl an Phrasen und Synonymen der Grund.
Musikalisch und animationstechnisch ist alles stimmig, wenn auch nicht besonders hervorstechend. Die Charakterdesigns und Umgebungen sind realistisch gehalten, was auch gut zum Stil der Serie passt. Die Musik ist meistens leichtherzig und ruhig. Einzige Ausnahme bildet da das Opening, bei dem ich zuerst nicht wusste, was ich davon halten sollte, weil es für so eine gemächliche Serie doch ziemlich energiegeladen ist. Tatsächlich hat es mir dann aber richtig gut gefallen und ich habe es bei fast jeder Folge laufen lassen, selbst wenn ich mehrere Folgen nacheinander gesehen habe. Es ist einprägsam, visuell schön gestaltet und der Liedtext ist gut auf das Bild und die Serie an sich abgestimmt (passiert viel zu selten bei Anime-Openings/-Endings!).
Fune wo Amu ist eine ruhige, erwachsene Slice of Life-Serie mit einem so noch nicht behandeltem Thema. Das ungewöhnliche Konzept und das Ansprechen einer älteren Zielgruppe tun der Abwechslung in der Anime-Industrie gut. Wer mit dem Slice of Life-Genre etwas anfangen kann, sollte hier auf jeden Fall einen Blick drauf werfen.
Bilder: www.funewoamu.com, ZEXCS Inc.
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